Die Dynamik der Erde und ihre Entstehung
Viele Prozesse in der Geologie setzten zu ihrem Verständnis voraus, dass man weiß wie unser Planet entstanden ist und wie er aufgebaut ist.
Die endogenen Kräfte, die unsere Erde formen, Kontinente wandern lassen und Gebirge und Ozeane entstehen und vergehen lassen, finden ihren Ursprung im Erdinneren. Das Innere der Erde ist schalenartig aufgebaut und wird strukturell gerne mit einem Pfirsich verglichen. Ein Pfirsich besteht aus seinem Kern, dem Fruchtfleisch und seiner Schale, oder Haut. Analog dazu lässt sich die Erde in Erdkern, Erdmantel und Erdkruste gliedern.
Die Erde hat einen Durchmesser von 12.756 km. Die feste Erdkruste auf der wir leben besteht überwiegend aus silikatischen Gesteinen und ist hauchdünn. Im Mittel ist sie auf den Kontinenten 35 km mächtig. Die ozeanische Kruste ist nur ca. 6 km dick. Darunter schließt sich der Erdmantel an. Er hat eine Mächtigkeit von 2900 Kilometern. Der Erdmantel ist nochmals in oberen- und unteren Erdmantel untergliedert. Dem unteren Erdmantel folgt der obere Erdkern und ganz im Zentrum der Erde befindet sich der innere Erdkern. Der Erdkern hat eine Mächtigkeit von 3471 km.Mit zunehmender Tiefe steigen im Erdinneren Druck und Temperatur. Der geothermische Gradient für die Erdkruste beträgt 3 Grad Celsius pro 100 Meter Tiefe. Anders ausgedrückt nimmt die Temperatur mit der Tiefe um 30 Grad Celsius pro Kilometer zu. Allerdings gilt dieser lineare Verlauf des geothermischen Gradienten nur für die oberen Bereiche der Erdkruste. An der Grenze zum Erdmantel herrschen Temperaturen bis zu 1100 Grad Celsius. Unter bestimmten Bedingungen können hier bereits Gesteine schmelzen. Der Erdmantel hat eine Durchschnittstemperatur von 2000 Grad Celsius. Allerdings ist der Druck hier so hoch, das die Gesteine nicht ganz schmelzen, sondern plastisch sind und sich ähnlich wie Knetgummi verhalten. Die häufigsten Minerale des Erdmantels sind Olivin und Pyroxen. Der Erdkern besteht aus Nickel und Eisen und ist bis zu 5000 Grad Celsius heiß. Im oberen Erdkern ist das Metall geschmolzen, im unteren Erdkern ist es wieder fest.
Wie ist es aber zu dieser Zonierung und dem Schalenbau der Erde gekommen?
Das Alter unserer Erde wird meist mit 4,55 Milliarden Jahren angegeben; das älteste Gestein der Erdoberfläche wurde im Jahr 2006 in Kanada gefunden, und sein Alter wurde auf 3,825 Milliarden Jahre berechnet. Auch im Zeitraum davor hatte es auf der Erde schon festes Gestein gegeben, das aber erodierte.
Der Prozess der Entstehung der Erde dauerte neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge nur wenige Millionen Jahre – ein Wimpernschlag im Vergleich zur langen Phase der Reifung unseres Planeten.
Die aktuellen Erkenntnisse der Wissenschaftler in Bezug auf die ersten Jahrmillionen unseres Planeten basieren auf Beobachtungen von Materiewolken junger Sterne, in denen gerade Planeten entstehen. Diese Beobachtungen wurden in letzter Zeit dank moderner, zum Teil weltraumgestützter Teleskope und Messinstrumente möglich. Diese Erkenntnisse verfeinerten das bisher gültige Modell zur Erdentstehung.
Das alte und zugleich das gängigste Erklärungsmodell für die Planetenentstehung ist das der „gravitativen Akkumulation von Materieteilchen“. Es wird in den meisten Lehrbüchern vorgestellt und weist einige unerklärliche Phänomene auf. Zudem hätte die Planetenentstehung nach diesem Modell mehr als 100 Millionen Jahre in Anspruch genommen. Das ist sehr viel länger als der Zeitraum, in dem protoplanetare Gaswolken um junge Sterne tatsächlich existieren, denn diese scheinen sich bereits nach 5 bis 7 Millionen Jahren zu verflüchtigen; die Materie der Wolken wird von den Solarwinden ins All geblasen.
Das neue Modell der „Scheibeninstabilität“ versucht zu erklären, wie Planeten in relativ kurzer Zeit entstehen können. Es basiert im Ansatz auf dem alten Modell, weshalb wir es an dieser Stelle genauer diskutieren.
Das alte Modell der „gravitativen Akkumulation von Materieteilchen“ geht von der Annahme aus, dass die Sonne nach ihrer Geburt von einer Materiewolke umkreist wurde. In drei Phasen verdichtete sich die Materie zu den Planeten unseres Sonnensystems.
In der ersten Phase „verklebten“ die Materieteilchen zu staubgroßen Partikeln. Astrophysiker vermuten elektromagnetische Kräfte der jungen Sonne als eine der treibenden Kräfte bei dieser Akkretion der Moleküle.
In einer zweiten Phase bildeten sich Körper von bis zu zehn Kilometern Durchmesser. Jetzt wirkte bereits die gegenseitige Anziehungskraft der Teilchen und Körper. Immer mehr Teilchen stießen in der Wolke miteinander zusammen und „verschmolzen“ zu größeren Brocken. Ob sie dabei tatsächlich heiß wurden und zu glühen begannen, ist umstritten. Wahrscheinlich entstand aufgrund der Reibung Hitze, jedoch nicht genug, um die Körper zu schmelzen. Sie waren vermutlich sehr porös, und eine Vielzahl der Zusammenstöße verlief nicht plastisch.
100 Millionen Jahre soll die dritte Phase der Planetenbildung gedauert haben. Aus den in der vorangegangenen Phase entstandenen Körpern bildeten sich so genannte Planetesimale, kleine Planetenembryos, die im Lauf der fortdauernden Kollisionen immer größer wurden, bis die heute bekannten acht Planeten, 16 Zwergplaneten und 165 Monde des Sonnensystems geboren waren. Große Körper zogen dabei stets die kleineren an, die wie Meteoriten auf ihnen einschlugen. Das Resultat waren im Falle der Erde und der drei erdähnlichen Planeten Merkur, Venus und Mars zunächst kalte Gesteinsbrocken ohne Atmosphäre, die sich im Laufe der Zeit unabhängig voneinander weiterentwickelten. Die äußeren Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun, die außerhalb der Frostgrenze entstanden, erhielten ihre mächtigen Gashüllen schon während der Phase der eigentlichen Planetenentstehung.
Das neue Modell der Scheibeninstabilität verfeinert nun das alte Modell. Ging man bisher von einer diffusen Materiewolke aus, so rotiert diese nun scheibenförmig um die Sonne und ist in Ringe unterteilt. In den Ringen der protoplanetaren Wolke bildeten sich Wirbel, in denen sich die Materie viel schneller zusammenklumpen konnte, als bisher angenommen wurde.
Nach der Genese der Proto-Erde umkreiste diese zunächst als lebloser Gesteinsbrocken die Sonne. Zu diesem Zeitpunkt kam es zu mehreren Ereignissen gleichzeitig oder zumindest zeitnah zueinander: Der Mond bildete sich, und die so genannte Eisenkatastrophe verursachte den schalenartigen Aufbau der Erde – Erdkern, Erdmantel und Erdkruste wurden geschaffen.
Für die Entstehung des Mondes gibt es verschiedene Theorien, die jedoch alle nicht restlos schlüssig sind. Ein großes Erklärungsproblem stellt das Drehmoment des Systems Erde-Mond dar. Das bisher schlüssigste Modell geht von einem Zusammenstoß der Urerde mit einem anderen großen Himmelskörper aus. Dieser Himmelskörper muss mindestens so groß wie der Mars gewesen sein. Der Zusammenstoß war dabei eher ein Streifschuss, bei dem der auftreffende Himmelskörper zerstört wurde. Es bildete sich eine scheibenförmige Trümmerwolke um die Erde, aus der unser Mond hervorging. Die Zusammensetzung des Mondes weist große Ähnlichkeit mit jener der Erde auf; allerdings enthält der Mond wesentlich weniger Eisen als die Erde und praktisch keine volatilen (flüchtigen) Elemente. Daraus folgerte man die Theorie, dass die schweren Elemente (wie eben das Eisen) kurz nach dem Streifschuss wieder auf die Erde zurückgefallen sein mussten, während die leichten, volatilen Elemente verdampften und sich in den Weltraum verflüchtigten.
Ebenfalls im Laufe des ersten Lebensabschnittes der Erde kam es zur Eisenkatastrophe. Denkbar wäre es, dass dieses Ereignis schon vor der Bildung des Mondes stattfand – dies könnte eine weitere Erklärung für das geringe Vorkommen von Eisen im Mond sein. Genauso gut könnte sich die Katastrophe aber auch erst nach der Mondentstehung zugetragen haben oder mit ihr einhergegangen sein.
Anfangs verteilten sich die Elemente in der Urerde homogen. Dann kam es zu einer Zonierung, bei der sich die verschieden schweren Elemente jeweils in bestimmten Regionen der Erde ansammelten. In Tiefen unterhalb von 800 Kilometern entstanden durch radioaktiven Zerfall und großen Druck so hohe Temperaturen, dass Eisen und andere Metalle zu schmelzen begannen. Neben den Metallen schmolzen auch die silikatreichen Gesteine. Aufgrund des Dichteunterschiedes zum umgebenden Gestein und der Gravitation sank die Eisenschmelze in tiefere Schichten ab und verdrängte dort die Silikate, die ihrerseits aufstiegen. Bei diesem Differenziationsprozess entstand ein Großteil der Wärmeenergie, die noch heute für den Vulkanismus verantwortlich ist.
Schließlich sammelte sich das Eisen in einer Zone im Erdmittelpunkt und bildete den Erdkern.
Zu dieser Zeit kam wahrscheinlich bereits der Motor in Gang, der heute noch für die Dynamik des Erdkörpers verantwortlich ist. Sie beruht im Großen und Ganzen auf Konvektion plastischer Gesteine im Erdmantel und im äußeren Erdkern. Diese langsam rotierenden Gesteinsströme lassen Kontinente wandern, neue Gebirge und Ozeane entstehen und Vulkane ausbrechen. Außerdem halten Konvektionsströme um den Eisenkern der Erde unseren natürlichen „Dynamo“ in Gang und erzeugen so das Erdmagnetfeld. Dieses schützt uns vor einen Großteil der kosmischen Strahlung.
In Konvektionsströmen wird Wärmeenergie in Bewegungsenergie umgewandelt. Sie entstehen dadurch, dass es mit zunehmender Tiefe immer heißer wird und dass sich heißes Material ausdehnt und somit weniger dicht ist, als kühleres Material. Aufgrund des Dichteunterschiedes beginnt das heiße Material langsam aufzusteigen. Dabei kühlt es ab und sinkt anschließend wieder nach unten. So entstehen rotierende Zellen. An der Grenze zu den Lithosphärenplatten funktionieren die Konvektionsströme wie ein Fließband und verschieben so die Kontinente.
Bildquellen: Nasa und Wikipedia