Vulkanausbrüche in Deutschland?

Oktober 24, 2009 Aus Von Marc Szeglat

Der Spielfilm „Der Vulkan“, der jüngst auf RTL ausgestrahlt wurde, heizt eine Diskussion um die Gefahren eines Vulkanausbruches in Deutschland an. In einer dem Film anschließenden Reportage schürten namhafte Geowissenschaftler die kontroverse Diskussion an, indem sie die These aufstellten, dass ein Vulkanausbruch in der Eifel kurzfristig und jeder Zeit möglich sei.
Fakt ist, dass der Vulkanismus in der Eifel nur als „ruhend“ eingestuft wird. Die letzten Ausbrüche fanden hier ungefähr 9800 Jahren statt, als das Ulmener Maar entstand. Allgemein gilt ein Vulkan erst als erloschen, wenn er mehr als 10.000 Jahre nicht ausbrach. Aber auch diese Regel wird von der Ausnahme bestimmt. So können die Pausen zwischen den eruptiven Phasen eines Vulkangebietes durchaus mehrere 100.000 Jahre betragen, wie es in der Yellowstone-Caldera in den USA der Fall ist. Von dort sind 3 Ausbruchszyklen bekannt, die sich im Durchschnitt alle 750.000 Jahre wiederholten. Die Aktivität während eines Zyklus hielt mehrere Tausend Jahre an. Es kam zu zahllosen kleinen Eruptionen, aber auch zu gewaltigen Supervulkan-Ausbrüchen die das globale Klima nachhaltig beeinflussten. Befinden sich 90% aller Vulkane in der Nähe kontinentaler Plattengrenzen liegt der Yellowstone Vulkan mitten im nordamerikanischen Kontinent. Zu diesem Vulkanismus-Typ zählen auch die Vulkane der Eifel. Hier steigt das Magma nicht entlang von Rissen an den kontinentalen Nahtstellen auf, sondern stammt direkt aus einer schlauchförmigen Magmakammer die vom Erdmantel aus aufsteigt und sich wie ein Schweißbrenner durch die Erdkruste brennt. Seismische Messungen orteten unter der Eifel so eine gigantische Magmablase, die im Fachjargon „Mantel-Plume“ , oder „hot-spot“ genannt wird. Aber ganz so klar stellt sich die Situation in der Eifel nicht dar! Denn sie liegt zugleich auf der sich hebenden Schulter des Rheingrabens. Vergleichbar mit dem bekannten Ostafrikanischen Riftvalley, zieht sich ein Riss durch Mitteleuropa, dessen Verlauf vom Rhein markiert wird. Entlang des Rheingrabens driften die Landmassen beiderseits des Risses auseinander, mit der Folge, dass Magma durch die Erdspalten entlang des Rheingrabens aufsteigen kann. Daher gibt es besonders am Oberrheingraben weitere Vulkane wie den Kaiserstuhl, oder den Vogelsberg. Aufgrund dieser besonderen geologischen Situation gibt es in den beiden Vulkanfeldern der Westeifel und der Osteifel unterschiedliche Vulkantypen und Ausbruchsarten. Das Spektrum reicht vom monogenetischen Schlackenkegel, über Stratovulkane, Caldera-Vulkane und den für die Eifel typischen Maare. Diese entstehen, wenn aufsteigendes Magma auf eine Schicht mit viel Grundwasser stößt. Da das Wasser schlagartig verdampft kommt es zu sogenannten, phreatischen Explosionen, die ein großes Loch in die Erde sprengen. Nach dem Ausbruch füllt sich diese Hohlform oft mit Wasser. Herrliche Seen entstehen.


Lange Zeit wurde der bekannteste Eifelvulkan, der Laacher-See Vulkan diesem Typus zugerechnet. Doch neuere Forschungsergebnisse gehen heute von einer Mischform zwischen Maar-Vulkan und Caldera-Vulkan aus. Gegen Ende der letzten Eiszeit ereignete sich in der Gegend des heutigen Ortes Mendig eine eruptive Phase die mehr als 1000 Jahre lang andauerte. Der größte Ausbruch ereignete sich vor 12.800 Jahren und förderte gewaltige Bimsstein-Mengen. Im wenige Kilometer entfernten Brohtal lagerte sich eine 60 Meter mächtige Tuffschicht ab. Vulkanische Asche und Gase wurden bis in die Stratosphäre geblasen und regneten selbst in Skandinavien nieder. In der Gegend um Köln errichten die Ablagerungen einen Meter Mächtigkeit. Zum Ende der Eruption bildeten sich pyroklastische Ströme die sich im 7 Kilometer entfernten Rhein ergossen. Vermutlich mit Baumstämmen – die von der Druckwelle der Eruption flach gelegt wurden- durchmischt, verstopften diese Ablagerungen die Andernacher Pforte und schufen einen natürlichen Staudamm. Der Rhein staute sich zum größten See Mitteleuropas auf. Nach einigen Monaten brach der Damm und eine gigantische Flutwelle schoss durch das Rheintal und verwüstete es bis zur Rheinmündung in die Nordsee.
Sollte sich eine vergleichbare Eruption heute wiederhohlen wäre das eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes, auf die Niemand vorbereitet wäre. Unzählige Menschen würden ihr Leben verlieren. Wahrscheinlich würde die gesamte Wirtschaft Deutschlands kollabieren. Auch wenn dieses Szenario sehr unwahrscheinlich ist, sollte die Möglichkeit nicht ganz ausgeschlossen werden und Vorsorge getragen werden. Die Wissenschaftler fordern Gelder für die systematische Beobachtung der Eifelvulkane, Evakuierungspläne und Schulung für die Rettungskräfte.
Sollten die Vulkane der Eifel tatsächlich ausbrechen, kann dieses aber auch in einer Serie kleinerer, oder mittelstarker Eruptionen geschehen. Diese würden natürlich auch eine Gefahr für die Anlieger darstellen, aber keine landesweiten Katastrophen hervorrufen. Fakt ist natürlich, dass viele Ortschaften direkt an den Vulkanen errichtet wurden und es keinen Sicherheitsabstand geben.
Doch noch ist alles ruhig in der Eifel. Anzeichen eines bevorstehenden Ausbruches gibt es nicht. Auch die oft zitierten Kohlendioxid-Austritte veränderten sich in den letzten Jahren nicht. Selbst die in der Dokumentation gezeigten –und als Sensation verkauften- Gasblasen im Rhein sind in der Tat nichts neues. Bei Andernach blubbert es schon seit Ewigkeiten im Rhein. Schließlich wurde dort schon im Jahre 1902 ein unterirdisches Kohlendioxid-Reservoire angebohrt und als Kohlensäure Mineralwasser beigemengt.
Anders sieht die Situation im Cheb-Becken bei Franzenbad in der Tschechei aus. Wenige Kilometer hinter der deutschen Grenze blubbert es gewaltig. Zwar werden auch hier die Mineralquellen seit langem für Kuranwendungen genutzt, doch die Wissenschaftler des GFZ-Potsdam wiesen jüngst nach, dass sich die Gaszusammensetzung hier ändert. An der Bublak-Quelle, die mitten in einem waldigen Sumpfgebiet liegt, wurden steigende Werte des Helium 4-Isotopes gemessen. Zudem tritt immer mehr Gas aus zahlreichen Mofetten der Umgebung aus. Für die Wissenschaftler ist die Sache klar: In den unteren Schichten der Erdkruste intrudiert ein Magmenkörper der aufsteigt. Doch ob- und wann hier ein Vulkan ausbricht weiß niemand mit Bestimmtheit. Der Magmenkörper kann genauso gut irgendwo in der Erdkruste stecken bleiben und langsam abkühlen. In diesem Fall würde sich ein Plutonit bilden. Daher sprechen die Wissenschaftler hier nicht von Vulkanismus, sondern von Magmatismus. Tertiäre und quatäre Vulkane gab es übrigens auch in Böhmen. Und der steinerne Wald von Chemnitz verdankt seine Konservierung einen Vulkanausbruch vor Millionen Jahren, der die Bäume mit Asche bedeckte und luftdicht abschloss.

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